Freitag, November 03, 2006

072 Gedicht

letztes Jahr in Lourdes habe ich detaillierte Wanderkarten über den Camino von Lourdes aus bis St. Jean Pied de Port gekauft. Es gibt also noch viel zu tun. Am liebsten würde ich eines Tages mit einem Eselchen oder Pferd von zu Hause aus starten und Richtung Santiago gehen, doch dafür fehlt mir im Moment noch die Zeit, da 3200 km zu Fuß nicht in vier Wochen zu schaffen sind. Da das Eselchen ja wieder mit nach Hause muß und kein Sitzplatz im Flugzeug bekommt, muß ich den Weg also hin und zurück gehen. Daher die 3200 km. Aber der Traum bleibt bestehen, und wenn ich bis zu meinem Rentenalter warten muß. Allerdings sollte ich dann endlich mal die Zigaretten lassen, wer weiß, ob ich sonst das Rentenalter überhaupt noch erreiche. Dennoch könnten mich andere Faktoren davon abhalten, überhaupt so alt zu werden. In erster Linie gilt für mich zu lernen, ruhig und gelassen zu bleiben, auch wenn es manchmal schwer fällt. In der Ruhe liegt die Kraft, heißt ein deutsches Sprichwort. Ich bin froh, durch den Spanischunterricht überhaupt erst auf den Camino gekommen zu sein, denn dieser ist mein Lehrmeister geworden.

Dieses Gedicht hängt seit einigen Monaten über meinem Küchentisch:

Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft

Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

von Erich Fried
Es ergeht mir ähnlich, wie in diesem Gedicht, wenn ich gefragt werde: Warum machst du das? Wieso gehst du 800 km zu Fuß?

Jemand, der niemals das Risiko eingegangen ist, kann das verstehen.

Wer versteht schon einen Süchtigen, wenn er niemals süchtig gewesen ist?

Wer versteht schon die Liebe, wenn er niemals die bedingungslose Liebe erfahren hat? Die Liebe, die nicht fragt, die nicht verlangt?

Wer versteht einen rebellischen Jugendlichen, der sich gegen seine Eltern auflehnt, wenn er begreift, dass ihn nicht verstehen?

Wer kann etwas vermissen, was er nicht kennt?

Wie schön, daß es Menschen gibt, die verstehen, leider viel zu wenige, schade dass es immer wieder Menschen gibt, die den Kopf schütteln über etwas, was sie nicht kennen.

Mir fällt heute sehr schwer zu verstehen, daß es unter uns mehr Menschen gibt, die andere verurteilen, antstatt sich in ihre Lage zu versetzen und sie zu verstehen, die älteren Menschen schimpfen über die Jugend, Nachbarn streiten sich um einen Zweig vom Apfelbaum und ziehen vor Gericht, Ehepartner, die sich jahrelang gut verstanden haben, klagen um das Sorgerecht ihrer Kinder, die Religionen behaupten jeweils, die beste zu sein.

Gerade die Religionen sind mir heute ein Dorn im Auge. Daß ausgerechnet die „Kinder

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